STEINHOFFarchitekten planen mit Vectorworks Erstes öffentliches Gebäude aus dem 3D-Drucker

STEINHOFFarchitekten aus Nordkirchen planen derzeit ein innovatives Vereinsheim für den SC Capelle, das ab März 2023 im 3D-Betondruckverfahren realisiert werden soll. Büroinhaber Dipl.-Ing. Lothar Steinhoff und Bauzeichnerin Daniela Kuropka berichten, wie sie dabei vorgehen und wie Vectorworks sie im Prozess unterstützt.

Perspektive des Vereinsheims

Startschuss im März 2023

Momentan steht der Drucker, in „kleiner“ Version mit Abmessungen von 10x8x5 Metern, noch nicht auf seinem endgültigen Platz. Er wurde für Vorträge und Vorführungen erstmal neben der konventionell errichteten Bodenplatte aufgebaut. „Wir hätten die Randschalung der Gründung auch mit dem 3D-Drucker drucken können. Wir wollten allerdings zeitlich etwas ungebundener sein und haben uns aus diesem Grund dafür entschieden, das Fundament klassisch herstellen zu lassen. Das hier geplante neue Vereinsheim mit 370 Quadratmeter Nutzfläche auf zwei Geschossen wird in ungefähr 200-220 Stunden gedruckt“, berichtet Daniela Kuropka.

Derzeit ist es möglich, etwa 60-80 cm pro Tag in die Höhe zu drucken. Das Gebäude ist in zwei Druckbereicheeingeteilt, welche im Wechsel gedruckt werden. Dies ist aufgrund des Abbind-Prozesses mit dem hier verwendeten Material derzeit nicht anders möglich. Nach Angaben des Herstellers beträgt die Abbindezeit zwischen 15 und 20 Minuten. Grundsätzlich ist geplant, das Vorhaben in 20-25 Tagen zu drucken. Das beinhaltet allerdings auch schon Vorbereitungen wie Elektro- und Sanitärrohinstallation. Gedruckt werden die Außen- und Innenwände im Erd- und Obergeschoss. Die Zwischendecke wird als konventionelle Filigrandecke ausgeführt. Im März soll es dann los gehen mit dem Druck.

Lageplan

Planung mit Vectorworks seit über 20 Jahren

STEINHOFFarchitekten planen bereits seit über 20 Jahren mit Vectorworks. „Für uns gibt es kein anderes Programm, wir sind damit einfach ‚groß‘ geworden“, erzählt Büroinhaber Dipl.-Ing. Lothar Steinhoff. Bei der Planung mit Vectorworks war für das Büro besonders die Zusammenarbeit mit ComputerWorks und dem lokalen Vectorworks-Partner extragroup in Münster eine große Hilfe. „Man kann immer jemanden erreichen, der sich mit der Thematik auseinandersetzt und hilft. Zudem gibt es die Möglichkeit der Schulungen und Tutorials, die sehr helfen.“

Da das Vereinsheim das erste öffentliche Gebäude in Deutschland im 3D-Betondruckverfahren ist, steht das Team noch vor einigen Herausforderungen. Oft fehlen noch DIN-Normen und Zulassungen für Materialien, Wandaufbauten etc. In Zukunft sollen noch weitere Entwürfe folgen für öffentlich-geförderte Wohngebäude und Industriegebäude und dann die erste kleine Serie an Gebäuden.

Ansichten Westen, Norden

Dipl.-Ing. Lothar Steinhoff: „Wir wollen nachweisen, dass es sich wirtschaftlich lohnt zu drucken statt ausschließlich konventionell zu bauen. Im Rahmen des Forschungsprojektes erarbeiten wir derzeit einen Planungsleitfaden für Kolleg:innen. Zudem entwickeln wir ein Kompetenzzentrum für digitalisierte Planungsprozesse und nachhaltiges Bauen. Wir versuchen, den 3D-Druck für die Zukunft zu festigen und Kompetenzen zusammen zu bringen.“

Nachwuchs fördern für die Zukunft

„Noch ist es experimentelles Bauen, das wird es aber nicht bleiben. Unser Plan ist es, Handwerk und Digitalisierung als Kombination nahe zu bringen. Mensch und Maschine sollen ‚Hand in Hand‘ arbeiten und zwar mit Freude. Wir müssen dem Fachkräftemangel entgegenwirken und die Baustelle für die jüngere Generation wieder attraktiver gestalten. Es gibt einige Unternehmen, die den Bau fördern und großes Interesse daran haben. Wir müssen und wollen die Unternehmen also darauf vorbereiten“, so der Büroinhaber.

Da das Büro auch in Zukunft 3D-Druck-Projekte realisieren möchte, wird hierfür bereits der Weg vorbereitet, indem es den Nachwuchs fördert. „Wir gehen bereits in Schulen und Unternehmen, um zu informieren. Jetzt gilt es, die kommenden Fachkräfte zu inspirieren und integrieren. In vier Jahren möchten wir mit den ersten Auszubildenden arbeiten, die sich mit dem 3D- Betondruck auseinandersetzen“, berichtet Dipl.-Ing. Lothar Steinhoff.

Ressourcen und Zeit sparen

Zukünftig sollen auch weitere Materialien verarbeitet werden. In Bereichen, in denen die Eigenschaften von Beton nicht erforderlich sind, könnte recycelter und zu Granulat verarbeiteter Kunststoff zum Einsatz kommen. „Das wird in Zukunft natürlich noch spannender in der Planung und Zeichnung mit Vectorworks und der Übergabe der Dateien an die Drucker. Auch die Erstellung der IFC-Files und die Übergabe ist derzeit noch herausfordernd. Wir wollen unsere Modelle natürlich auch in Ausschreibungs-Programme übernehmen“, erklärt Daniela Kuropka.

Längsschnitte

Der Recycling-Aspekt spielt für die Planer:innen bei STEINHOFFarchitekten eine große Rolle. Momentan sind zur Bindung noch ganz feine Polymerfasern im Beton, auf die in Zukunft verzichtet werden soll. Der Druck-Beton soll in Zukunft eine Vier-Millimeter-Körnung haben, wodurch die Verzahnung verbessert wird, besser gedruckt werden kann, weniger Risse entstehen und sich der Zementanteil verringert.

Bauzeichnerin Daniela Kuropka: „Wir wollen den Druck mit weniger Zementanteilen gestalten, um Ressourcen zu schonen. Die Planung ist zudem viel präziser und nachhaltiger. Es ist nachweislich, dass der Drucker viel weniger Material benötigt, da nur das verarbeitet wird, was zuvor in der Planung berechnet wurde. Genialer Nebenaspekt: Es bleibt viel Baumüll erspart. Neben dem Material kann auch Zeit gespart werden. Ein zweischaliger Wandaufbau, bezogen auf einen Quadratmeter, kann in weniger als fünf Minuten produziert werden.“

Erdgeschoss

Ganzheitliche Betrachtung des Projekts

Das 3D-Druck-Projekt hat sich aus einer familiären Situation von Büroinhaber Dipl.-Ing. Lothar Steinhoff entwickelt. Sein Cousin, der im Fachbereich Bauingenieurwesen an der TH Köln tätig ist, und sein Schwager, der für das Ministerium Wissenschaft und Innovation arbeitet, haben ihn stetig mit den neuesten Informationen versorgt, wo gerade welcher Drucker auf der Welt mit welchem Material druckt.

Dipl.-Ing. Lothar Steinhoff resümiert: „Wir haben bei uns im Büro einige Planungsprozesse vorangetrieben, u. a. BIM und 3D-Druck. Am Anfang war es nur eine verrückte Idee und jetzt steht der Drucker hier. Im März wird er richtig platziert, dann befindet sich hier ein Drucker von 25x15x10 Metern. Das ist irre und macht einfach Spaß. Wir betrachten es ganzheitlich, erst die Planung und dann das Einbinden der einzelnen Gewerke. Wir haben in den vergangenen Wochen viele Gespräche geführt und Abläufe geklärt. Es ist und bleibt eine spannende Zeit.“