
Während das Ingenieurwesen als sehr technisch und mathematisch betrachtet wird, konzentriert sich die Architektur stärker auf Design und Ästhetik und kann als visuelle Kunst sowohl von Planern als auch von Kunden interpretiert werden. Für Nick Lawrence überschneiden sich diese beiden scheinbar unterschiedlichen Denkweisen beim Thema Building Information Modeling (BIM), das seinen technischen Hintergrund mit dem eher visuellen Charakter der Architektur verbindet.
Durch seine Arbeit als Techniker für einen Architekten bei A&Q Partnership konnte Nick Lawrence ein Architekturstudium absolvieren und dann die Beziehungen, die er bei A&Q Partnership aufgebaut hatte, nutzen, um eine Karriere als Architekt zu verfolgen. Seine erste Anstellung bei A&Q Partnership bekam er 1998, und nach einigen Jahren, in denen er mit seiner Frau ein eigenes Büro betrieb, kehrte Nick Lawrence als Geschäftsführer zu A&Q Partnership zurück, wo er seit über sieben Jahren die Vorzüge von BIM darlegt.
A&Q Partnership
Das 1984 gegründete britische Unternehmen A&Q Partnership beschäftigt rund 60 Mitarbeiter:innen an vier Standorten in London, Borne End, Dorchester und Hongkong und wird von neun Geschäftsführer:innen und sechs Partner:innen geleitet. A&Q Partnership arbeitet an einer Vielzahl von Architekturprojekten, darunter Wohn-, Büro-, Einzelhandels-, Gastgewerbe-, Rechenzentrums-, Bank- und Mischnutzungsprojekte. Sie sind auf große Stadterneuerungsprojekte spezialisiert, haben aber auch kleinere Projekte im Wohn- und Gewerbebereich im Portfolio.

In ihrem Online-Portfolio findet sich auch ein Bericht über das Royal Arsenal in Woolwich, das mit einer Fläche von 25 Hektar das größte Stadterneuerungsprojekt in Europa ist. Das Projekt wurde mit zahlreichen Designpreisen ausgezeichnet und hat dazu beigetragen, dass sich das Unternehmen in der Architekturbranche einen Namen gemacht hat.
In Großbritannien werden Architekturprojekte durch den "Plan of Works" des Royal Institute of British Architects (RIBA) beschrieben. Darin wird eine strategische Gliederung in sieben Phasen beschrieben, die Folgendes umfasst:
- Grundlagenermittlung
- Entwurf
- Genehmigungsplanung
- Ausführungsplanung
- Herstellung und Bau
- Fertigstellung und Übergabe
- Nutzung
„Wir übernehmen viele Arbeiten gegen Ende der zweiten Phase, was bedeutet, dass die Entwurfsarchitekten des Projekts vor uns bereits einen Vorschlag erstellt haben“, so Nick Lawrence. „Bei diesen Projekten führen wir das Vorhaben von einem sehr losen Konzept und einer Reihe von Vorentwürfen zu etwas, das für die Planung und den Bau geliefert werden kann. Wir haben uns im Laufe der Jahre den Ruf erworben, ein verlässlicher Partner vor Ort zu sein und technische Ausführungspläne zu entwickeln. Der größte Teil meiner Arbeit fällt in diese Kategorie.“

Der Weg zu BIM
A&Q Partnership setzt bei allen Projekten BIM-Workflows ein, und der Weg dorthin ist auch Nick Lawrence zu verdanken, der sich, schon bevor die britische Regierung 2016 BIM bei allen öffentlich finanzierten Projekten vorschrieb, für BIM interessiert hat.
„Ich war schon immer sehr daran interessiert, mit den technischen Entwicklungen Schritt zu halten“, sagt Nick Lawrence. „Die meisten unserer Kunden sind private Bauherren, so dass es für uns keine gesetzliche Verpflichtung für BIM gibt. Trotzdem hatte ich BIM schon vor 2016 auf dem Radar als etwas, das wir können sollten, damit wir keine Aufträge oder Verträge verpassen, nur weil wir dazu nicht in der Lage waren.“
Diese Meinung wird von vielen Architekt:innen geteilt, die vermeiden wollen, in der Branche ins Hintertreffen zu geraten. Auch wenn BIM in vielen Bereichen noch nicht vorgeschrieben ist, besteht in der Branche bereits ein gewisser Druck, intelligente 3D-Modellierung und herstellerunabhängiges Datenmanagement einzuführen.

„Es ist ziemlich offensichtlich, dass BIM die nächste Evolutionsstufe der Software ist“, so Nick Lawrence. „Es ist eine inhärente Logik, ein 3D-Modell zu haben und daraus Informationen zu erzeugen. Das ist effizient und sinnvoll.“
Mit seinem ausgeprägten Sinn für Details spielt Nick Lawrence eine wichtige Rolle bei der Schulung der Mitarbeiter:innen in Bezug auf die Bürostandards, insbesondere in Bezug auf das Ressourcenmanagementsystem, das die Projekte organisiert und konsistent hält. Die Konsequenz, mit der A&Q Partnership BIM-Workflows auf ihre Projekte anwendet, zeigt, dass sie für einen aktuellen Auftrag, ein riesiges Wohnbauprojekt mit 1.200 Einheiten für Berkeley Homes, einem der größten Wohnungsbaugesellschaften in Europa, gut vorbereitet waren.
Eight Gardens in Watford
Das Projekt, das Watford vor den Toren Londons "manhattanisieren" soll, zielt darauf ab, mehr als 1.200 neue Wohnungen in der Gegend zu errichten. Neben zukünftigen Plänen für eine Grundschule und kommunale Einrichtungen wie eine Zahnarztpraxis ist das Projekt Eight Gardens nach Angaben des Watford Borough Council Teil einer viel größeren Modernisierung des Gebiets.
Das Projekt Eight Gardens, das sich derzeit in Phase 3 des RIBA-Arbeitsplans befindet, liegt in der Nähe von Watford Junction, einem großen Bahnhof, von dem aus man das Zentrum von London in nur 20 Minuten erreichen kann. Laut Nick Lawrence ist der Standort selbst eine gute Entwicklungsmöglichkeit.
Diese mit der Echtzeit-Rendering-Anwendung Twinmotion erstellte Kamerafahrt zeigt, wie Eight Gardens nach dem Bau aussehen wird:
© Nick Lawrence und A&Q Partnership
Open BIM: Zusammenarbeit mit Planungspartnern
Zu den Landschaftselementen des Eight Gardens-Projekts gehören Gemeinschaftsflächen und -gärten, die ausschließlich den privaten Bewohnern auf den Schulterblöcken zugänglich sind, sowie blaue und grüne Dächer auf den Türmen. Darüber hinaus gibt es große, öffentlich zugängliche, begrünte Treppen, Plätze und Straßen auf dem gesamten Gelände im Erdgeschoss.
Da die verschiedenen an dem Projekt beteiligten Planungspartner unterschiedlich viel Erfahrung mit BIM haben und einige von ihnen mit BIM-Workflows nicht so vertraut sind wie A&Q Partnership, wurde bei den ersten Terminen kein BIM-Workflow formell festgelegt. Die Teams waren jedoch sehr daran interessiert, ihre Arbeitsweise weiterzuentwickeln, und stimmten daher zu, das Projekt als BIM-Projekt fortzusetzen, auch wenn dies nicht zwingend erforderlich war.
„Wir boten an, das Projekt als BIM-Auftrag zu entwickeln, obwohl es vertraglich nicht vorgeschrieben war, auch um anderen beim Einstieg in BIM zu helfen“, erklärt Nick Lawrence. Das Team setzte sich zusammen und legte die gegenseitigen Erwartungen fest, um dann einen straffen Ausführungsplan zu erstellen. A&Q Partnership importiert dabei .dwg und .ifc-Dateien, indem diese in Vectorworks referenziert werden.

Hardware-Leistung mit vielen Informationen
Nick Lawrence und seine Mitarbeiter:innen bei A&Q sind sich der Hardwarebeschränkungen für ihre Projekte durchaus bewusst - wenn sie eine Datei mit zu vielen Informationen vollpacken würden, würde die Rechenleistung ihrer Geräte nicht das Niveau erreichen, das für eine effektive Arbeit erforderlich ist. Dies gilt insbesondere für das Projekt Eight Gardens, das mehrere große Gebäude und einen hohen Detaillierungsgrad aufweist.
A&Q Partnership setzt auf eine mehrere Dateien, um sicherzustellen, dass die Dateien gut in der Handhabung sind. Die sechs Gebäude des Projekts hatten jeweils eine eigene, von der Hauptdatei getrennte Datei. Jedes Gebäude wurde zur Koordinierung mit der Hauptdatei verknüpft, und der Großteil der Entwurfsarbeit wurde in jeder einzelnen Gebäudedatei durchgeführt. Darüber hinaus sind standortübergreifende Elemente wie Wandstile und Fenstertypen in separaten Dateien mit Zubehör-Bibliotheken enthalten.
„Um Änderungen zu koordinieren, muss man sie in jeder Gebäudedatei oder Bibliotheksdatei verwalten und dann die Referenz in der Masterdatei aktualisieren“, so Nick Lawrence. „Das heißt, wenn eine Person eine Änderung vornimmt, wird diese in der gesamten Suite von Zeichnungen geändert. Das spart uns eine Menge Zeit, und, was vielleicht noch wichtiger ist, es kontrolliert und verhindert, dass jemand aus einer Laune heraus Änderungen vornimmt.“
Er fügt hinzu, dass diese Methode die Koordinierung vorverlagert, so dass unvermeidliche Änderungen, die später im Planungsprozess auftreten, reibungslos und ohne großen Aufwand durchgeführt werden können.

„Im Großen und Ganzen haben wir eine separate Vectorworks-Datei für jedes Gebäude und eine separate Vectorworks-Datei für die zweistöckigen Podien dazwischen. Jede dieser Dateien enthält 'Plot'-Dateien, aus denen wir Schnitte und Ansichten für das jeweilige Gebäude generieren. Wir haben dann eine separate Mega-Vectorworks-Datei, in der wir alle diese Dateien für unseren Lageplan referenzieren.“
Auf diese Weise können sie die Informationen, die sie in die Masterdatei einfügen, so einschränken, dass sie nur die Informationen enthält, die für die Erstellung von Koordinationsergebnissen erforderlich sind.
Nick Lawrence hält dies für einen entscheidenden Aspekt der gesamten BIM-Strategie - die Verlagerung von sehr detaillierten Arbeiten in die laufenden Planungsdateien und die Aufnahme nur der notwendigen Daten in die Masterdatei.
„Ich glaube, es besteht die Gefahr, dass sich die Leute zu sehr mit der Modellierung beschäftigen“, sagt er. „Es geht darum, zu verstehen, was modelliert werden muss, was durch einen Kollisionsprüfungsprozess laufen muss und was tatsächlich nützlich ist.“
Durch die Pflege von Dateien mit Zubehör-Bibliotheken, die z. B. Fassadenpaneele, Wandstile, Türstile und andere Details enthalten, kann dieses Zubehör in jeder einzelnen Gebäudedatei referenziert werden, so dass Details und architektonischer Ausdruck bei jedem Gebäude konsistent bleiben - eine Notwendigkeit für ein Projekt, bei dem die Gebäude eine gemeinsame Architektursprache haben sollen.

Erfolgreiche Open BIM-Strategie dank Datenkontrolle
Laut Nick Lawrence konzentriert sich die BIM-Datenmanagementstrategie von A&Q Partnership auf ein Wort - Strenge.
„Besonders bei einem Projekt dieser Größe war es wichtig, eine Möglichkeit zu haben, die Daten für alle sechs Gebäude zu kontrollieren. Es sind zwar alles unterschiedliche Gebäude, aber es gibt bestimmte Details, die für alle gleich sein sollen“, sagt er.
Er erklärt, dass sie Klassenstrukturen und Namenskonventionen in Uniclass 2015, dem einheitlichen Klassifizierungssystem der National Building Specification (NBS), eingerichtet haben. Das Arbeitsmanagement beginnt mit der laufenden Datei, die sich in einen Bibliotheksordner verzweigt, der Standardzubehör und Details enthält, und dann in individuelle Projektordner unterhalb der Bibliotheksordner. Das Zubehör in den Bibliotheksordnern kann in den Projektordnern referenziert werden, was in dem gesamten Projekt für eine durchgängige Vereinheitlichung von Standards sorgt.
Eine zusätzliche Herausforderung bei großen Projekten besteht darin, dass sich das Projekt über mehrere Jahre erstrecken kann, und bei A&Q ist es üblich, dass ein Projekt über mehrere Vectorworks-Versionen hinweg in der Entwicklung ist. In diesem Fall ist eine strenge Kontrolle entscheidend.
„Was unweigerlich passiert, wenn ein Auftrag fortschreitet, ist, dass verschiedene Leute mit unterschiedlichen Fähigkeiten, Erfahrungsniveaus, Vectorworks- und Architektur-Kenntnissen in das Projekt kommen“, sagt er. „Es kann zu Eingaben in eine Datei kommen, die die Art und Weise, wie sie ursprünglich erstellt wurde, stark beeinflussen können. Bei BIM ist es sehr wichtig, dass dies nicht passiert, vor allem, wenn diese Dateien für Verträge verwendet und mit Beratern ausgetauscht werden sollen. Hier muss man sehr streng sein.“
Ein vertrauter Wechsel - von der Handzeichnung zu CAD und von CAD zu BIM
Nick Lawrence findet, dass die Einführung der BIM-Methode in der Industrie nicht unähnlich der Umstellung von Handzeichnungen auf CAD vor etwa zwei Jahrzehnten ist.
„Ich glaube, ich bin jetzt lange genug in der Branche, um zu erkennen, dass sich die Muster wiederholen. Vor 15 bis 20 Jahren wurde die Branche auf CAD umgestellt, und wir haben die Zeichenbretter weggeworfen. Damals arbeiteten viele unserer Planungspartner mit AutoCAD, und es herrschte die Auffassung, dass AutoCAD gleich CAD sei. Das machte den Informationsaustausch mit den Partnern schwierig“, sagt er.
Im Laufe der Zeit verblasste diese Vorstellung, und mit einer breiteren Akzeptanz von DWG-Dateien war der Austausch von Informationen über verschiedene CAD-Programme nicht mehr so schwierig. Nick Lawrence glaubt, dass etwas Ähnliches wieder passiert.
„Ich vermute, dass es mit der Einführung von IFC ähnlich sein wird“, sagt er. „Sobald sich alle daran gewöhnt haben, werden wir wieder normal arbeiten können.“
Bis dahin kann sich Nick Lawrence zurücklehnen, denn er ist für eine der erfolgreichsten BIM-Anwendungen bei großen Architekturprojekten verantwortlich und ein Beispiel für die Entwicklung der Architekturbranche insgesamt.