Sonnentag Architektur Design mit Vectorworks und BIM

Bei der Planung einer neuen Firmenzentrale kamen bei Sonnentag Architektur aus Schwäbisch Gmünd BIM und Vectorworks als Designwerkzeug zum Einsatz. Durch den konsequenten und interdisziplinären Einsatz der BIM-Software konnte ein zukunftsorientiertes Gebäude entworfen werden, welches vor 10 Jahren so nicht realisierbar gewesen wäre.

Die neue Unternehmenszentrale von Magura Bosch Parts & Services

Sonnentag Architektur plante als Spezialist für Green Corporate Architecture die rund 10.000 m2 große neue Unternehmenszentrale von Magura Bosch Parts & Services. Magura ist auf den Service und After Market für Komponenten von E-Bikes spezialisiert. Es entstehen Arbeitsplätze für etwa 200 Mitarbeitende. Der ganze Entwurf ist modular geplant, um ihn für bis zu 400 Mitarbeitende erweitern zu können.

Nachhaltigkeit und Hightech

„Wir haben versucht, in unserem Entwurf Nachhaltigkeit mit Hightech zu verbinden“, so Thomas Sonnentag, Geschäftsführer von Sonnentag Architektur. Das gesamte Dach ist daher großflächig mit einer Photovoltaikanlage sowie Begrünungen versehen. Außerdem wird Geothermie sowie eine hybride Lüftung genutzt. Für das nachhaltige und energieeffiziente Gebäude wurde ein hocheffizientes Energiekonzept erstellt.

Das Geothermiesondenfeld stellt die Grundlage der energetischen Gebäudeversorgung dar. Die Sonden beheizen das Gebäude im Winter und kühlen es im Sommer. Durch den parallelen Heiz- und Kühlbetrieb kann mit einer einzigen Anlage die gesamte thermische Konditionierung des Gebäudes mit sehr hoher Effizienz erfolgen.

Der Grundriss ist wie ein L aufgebaut. Es gibt einen zweigeschossigen Teil, in dem die Arbeitswelten untergebracht sind, und einen eingeschossigen Teil in Gestalt einer Halle mit mehr als 10 Metern Raumhöhe. Der Eingang befindet sich dazwischen und verbindet beide Teile in L-Form.

Die Gebäudetiefe von 18 Metern stellte das Büro vor einige Herausforderungen, da in der Gebäudemitte Dunkelzonen entstehen, die im Grundriss schwer zu gestalten sind. „Deshalb haben wir uns dazu entschieden, in der Dunkelzone untergegliederte Räume anzubringen, also Sanitäranlagen, Umkleiden, die Teeküche und Haustechnik,“ erklärt Marco Iannelli, Leiter der BIM-Planung bei Sonnentag Architektur.

Auch die Höhenabwicklung des Projekts ist besonders: Auf der einen Seite befindet sich die Industriehalle und auf der anderen Seite der zweigeschossige Bürobereich. Dieser wurde in Hybrid-Bauweise mit Stahlbeton im unteren Geschoss und Brettschichtholz in den oberen Geschossen geplant.

BIM aus Eigeninitiative heraus

Doch wieso setzt Sonnentag Architektur bei dem Projekt BIM ein? „Wir haben uns gedacht, wir machen es, weil wir es können, weil wir es wollen und weil am Ende für eine gute Gestaltung das Design doch seine Komplexität hat“, schildert Marco Iannelli.

Außerdem sind dem Büro drei Planungsaspekte wichtig:

  • Modellbasiert arbeiten,
  • Planungsfehler vermeiden und
  • Kollisionen frühzeitig erkennen.

Marco Iannelli: „Für uns Architekten ist die Software eigentlich nur ein Werkzeug und das ‚nur‘ hört sich degradierend an, stimmt aber nicht. Die Architektur ist so gut wie die Werkzeuge, die zur Verfügung stehen. Wir haben BIM mit Vectorworks bei diesem Projekt in allen Leistungsphasen eingesetzt, und zwar aus Eigeninitiative heraus. Für uns standen das Design, der Entwurf und die Geometrien im Vordergrund.“

Mit Vectorworks war es möglich, modellbasiert und interdisziplinär eine integrative Architektur zu entwickeln. In der Kommunikation mit den Fachplanern und der Bauherrschaft haben sie dabei viele Visualisierungen eingesetzt, denn mit dem 3D-Modell konnten die Architekt:innen viele Varianten ausprobieren.

Ein interdisziplinärer Staffellauf

Die interdisziplinäre BIM-Planung kann man sich dabei als Staffellauf vorstellen. Beim Klima Engineering wurde das IFC-Modell in einer sehr frühen Leistungsphase an das Partnerbüro Transsolar übergeben. Dieses hat dann überprüft, ob die Bauteile lichtdurchlässig sind oder nicht. Anhand dieser Information konnten sie eine Tageslicht-Simulation durchführen, in welcher es dann fassadennahe Bereiche gibt, die rot markiert und lichtdurchflutet sind, sowie fassadenferne Bereiche, die zum Teil sogar blau markiert sind. Hier kann nach Arbeitsstätten-Richtlinie nicht gearbeitet werden.

Mit dieser Erkenntnis konnte dann die Grundrissgestaltung und die Platzierung der Räume ausgearbeitet werden. In der Mittelzone gibt es zudem Oberlichter, die ermöglichen, dass dort gearbeitet werden kann. Da das Oberlicht allerdings auch Wärme einträgt, musste in Zusammenarbeit mit dem Klima-Ingenieur das richtige Maß zwischen Wärme- und Licht-Eintrag gefunden werden. Dies konnte dann mit feststehenden Lamellen gelöst werden, die das Licht brechen und einen feststehenden Sonnenschutz bieten. Als Podest ausgebildet gibt es dort zudem die Möglichkeit, mit einer Lamellenfenster-Technik eine Querlüftung und eine Nachtauskühlung zu bewerkstelligen. So konnte letztendlich Tageslicht und Klima mit Energiebilanz zusammengeführt werden.

Auch die hybride Lüftung bietet Vorteile. Priorität hat dabei die Fensterlüftung, die aus motorisch betriebenen und sensorgesteuerten Fensterflügeln besteht. Auf diese Art erfolgt eine Nachtauskühlung des Gebäudes und eine Belüftung der Räume während der Betriebszeiten, solange die klimatischen Bedingungen dies zulassen. Wenn dies nicht mehr möglich ist, greift eine mechanische Lüftungsanlage in das System ein. Grundlage dieses Konzepts ist eine thermische Gebäudesimulation, die ergab, dass die mechanische Lüftungsanlage an weniger als 50 % der Betriebszeiten erforderlich wird. All das konnte im IFC-Modell simuliert werden. Das bedeutet auch, dass über die Hälfte des Energiebedarfs im Vergleich zu einer konventionellen Lüftungsanlage eingespart werden kann.

Das 3D-Modell des Projekts besteht jedoch nicht nur aus der Architektur, sondern auch aus einem großen Teil Haustechnik und einem großen Teil Tragwerk. Für die Zusammenarbeit und den Austausch von IFC-Modellen benötigt man daher starke Partner, die alle an einem Strang ziehen.

Echtzeitvisualisierung statt Vorstellungskraft

Durch den Einsatz des Echtzeitvisualisierungs-Plug-Ins Enscape in Vectorworks erhält man sofort einen Eindruck, wie das Gebäude im fertigen Zustand aussieht. In Besprechungen kann der Bauherr dann durch ausgewählte Räume laufen und Details wie Lichteinfall und Materialien können geklärt werden.

Aber auch für die Architekt:innen ist diese Arbeitsweise sehr hilfreich. „Ich gebe es ganz offen zu: Wir können uns nicht alles vorstellen. Deshalb schneiden wir das Modell einfach durch, fokussieren uns auf ein Detail, um es dann am Ende so wirken zu lassen, wie wir uns das vorstellen“, erklärt Marco Iannelli.

BIM fängt beim Geländemodell an

Wenn Architekt:innen über Modelle oder über BIM sprechen, geht es meistens nur um den Hochbau. Für Sonnentag Architektur fängt BIM bereits beim digitalen Geländemodell an. „Es wird sehr stark vernachlässigt und von vielen Architekten nicht modelliert. Auch das Gelände haben wir aus Eigeninitiative modelliert. Erstens, um es zu erfassen und zweitens, um uns zu überlegen, wo platzieren wir unsere Gebäude bezüglich der Höhenabwicklung?“, erzählt Marco Iannelli. So hat das Büro zum Beispiel erst zu einem späten Zeitpunkt entschieden, das Gebäude 40 Zentimeter tiefer zu setzen. „Das war bezüglich des Aushubs und der Aufschüttung viel sinnvoller. Es hat weniger gekostet und von der Optik war es auch besser. Deshalb haben wir das nochmal feingetunt, kurz vor Einreichung des Bauantrags.“

Durch die Schnittbox in Vectorworks kann an jeder Stelle des Geländemodells ein Schnitt erzeugt werden, egal ob horizontal oder vertikal. Diese temporären Schnitte können auch in Planschnitte generiert werden. „Wir haben vom Erdbau eine Punktwolke erhalten, haben sie übereinandergelegt und mit der Farbskalierung versehen. Auch durch die Punktwolke kann man schneiden, um zu prüfen, ob das Gebaute zum Geplanten passt“, so Marco Iannelli.

Für die Fassade wurde Trapezblech verwendet

Kollisionen erkennen, Probleme lösen

Der Plan des Deckenspiegels war für das Projekt ebenfalls sehr wichtig. Bereits in Leistungsphase 3 ist dort jeder Rauchmelder, jeder Lüftungsauslass und jedes Deckensegel zu sehen. Es gibt Bereiche mit vielen Deckensegeln und Bereiche ohne Deckensegel. Das hängt wiederum mit der Lüftung, dem Heizvolumen und den Oberlichtern zusammen. „Die dritte Dimension spielt hier eine große Rolle. Dieser Deckenspiegel ist modellbasiert generiert. Hier gibt es dann keine Diskussion mehr, ob die Lüftungsleitung den Träger trifft oder nicht. Man sieht die Kollision, kann es sich vorstellen und darauf reagieren. Und man kann es im IFC-Viewer betrachten. Dank des BCF-Managers schaffen wir es auch, in die Details reinzugehen und technische Probleme zu lösen“, erläutert der BIM-Experte. „Das meinen wir mit integrativer Planung. Wenn die Sachen ineinandergreifen und die Wirkung tatsächlich so ist, wie wir uns das vorstellen.“

Im IFC-Modell läuft die Geometrie dann mit den Daten zusammen. So konnte das Büro in Vectorworks auf Knopfdruck eine Farb- und Materialliste erzeugen und diese mit Bildern versehen. So einfach kann man die Massenermittlung und einen Teil der Ausschreibung zusammen mit der Farb-Konzeption bewerkstelligen.

Komplexität meistern mit BIM

Sonnentag Architektur haben den Bauantrag zu diesem Bauvorhaben zum ersten Mal digital eingereicht. „Das war sehr spannend, weil die Übergabe digital ist. Und irgendwann kommt dann die digitale Baufreigabe“, sagt Marco Iannelli.

Mit der Unternehmenszentrale will das Büro zeigen, dass auch Projekte mit schwierigen Geometrien durch freies Modellieren mit BIM-Bauteilen und Echtzeitvisualisierung gelingen.

Sonnentag Architektur

Bei Sonnentag Architektur arbeiten rund 20 Mitarbeitende an zwei Standorten in Schwäbisch Gmünd und Offenbach a. M. Dabei übernimmt das Team Aufgaben in den Bereichen Architektur, Generalplanung, Medizinplanung und Projektsteuerung. Sonnentag Architektur geht im Architekturbetrieb eigene Wege, denn Architektur bedeutet für sie nicht nur die Umsetzung von funktionalen Erfordernissen, sondern auch Ausdruck von Idee und Überzeugung.

„Wir bauen die Energiewende.“ – Thomas Sonnentag

www.sonnentag.de